? sonst macht es ein Anderer

Hallo zusammen

In einem Fachgeschäft kann man Einiges dazu lernen. Vor allem, wenn man den Verkaufsgesprächen zuhört. Meist Routinekram. Das hier hat mir aber zu denken gegeben.
Der Ladenbesitzer war am Bedienen und ich am Stöbern. Viel Ausgefallenes war nicht zu sehen, alles wirkte aber aufgeräumt und proper. Das Stichwort „Prachtschmerle“ liess mich aufhorchen. Im Verkaufsbecken hatten sie ungewöhnlich viel Platz (ein Fest beim Einfangen) und nun hörte ich die Frage an den Kunden, wie gross sein Becken sei. Gross genug und zu den Zweien sollte ja noch eine Gruppe kommen, da sie Gruppentiere seien. Das konnte ja interessant werden. Ein Verkäufer, der klemmt!
K: 600 Liter als Minimum? Übertrieben!
V: Dann kann ich Ihnen leider keine verkaufen!
K: Aber andere verkaufen die doch auch, so wie meine beiden!
V: Tut mir leid, ich aber nicht!

Da fiel es mir ein: Waffenexporte in Krisengebiete. Die eine Begründung war kürzlich „Arbeitsplätze“ , die andere „Wenn wir es nicht machen, macht es ein Anderer“. Dieselbe Argumentation wie bei der Eliminierung von Natur weltweit.
Und dann eine weitere Assoziation: letztes Programm von Dieter Hildebrand, der vor ein paar Tagen verstorben ist: Alt-Naziärzte unterhalten sich, es gipfelt in der Feststellung des Einen, sie seien im Gegensatz zu heute sehr human gewesen, schliesslich hätten sie keine Tierversuche gemacht.
Satire darf das.
Spricht man Politiker mit einem C im Logo auf die ethische Dimension von Waffenlieferungen an, wird man schon mal angepflaumt. Bürger darf das nicht in Frage stellen.

Der angesprochene Ladenbesitzer hatte eine einfache Antwort: wie soll ich gut schlafen, wenn ich weiss, dass gerade ein Kunde dabei ist, „meine“ Fische zu himmeln. Er wusste auch, wie viele Millionen von dieser beliebtesten Schmerle weltweit jährlich verkauft werden. Bei einer Lebenserwartung von etwa 15 Jahren müssten alle Becken überquellen. Ein Tierverbrauch der übelsten Sorte.

Der Laden? Nicht in der Deutschschweiz, aber das ist ein Detail. Ich habe hier schon Ähnliches gehört.
Gruss Charles

 

Lieber Charles

"...sonst macht's ein anderer" ist ja im Normalfall die Rechtfertigung einer Tat, von der man sehr genau weiss, dass sie nicht in Ordnung ist. Und die Rechtfertigung gibt man sich dabei vor allem selbst, oder dem lieben Gott ? wenn man daran glaubt.

In deiner Erzählung sind die üblichen Rollen vertauscht. Normalerweise ist es der Verkäufer, der den Kunden aus Eigennutz schlecht berät. Hier ist es der Kunde, der wohl weiss, dass sein Kaufwunsch nicht i.O. ist. Und die Begründung des Verkäufers ist wunderschön und das perfekte Gegenargument zu "...sonst macht's ein anderer", nämlich: "Wie soll ich sonst noch gut schlafen."

Wenn ich also wieder mal höre: "... sonst macht's ein anderer" werde ich ab jetzt kontern mit: "Wenn du damit noch gut schlafen kannst?"

Aber mal was anderes: Klar kannst du den Namen des Händlers hier nicht einfach so veröffentlichen, aber bei so einem würde ich gerne kaufen. Und da er nicht in der Deutschschweiz ist, werde ich auch nicht weiter "bohren". Aber wie wäre es, wenn wir im Thread "Händlerdiskussionen" vermehrt die "Perlen" unter den Händlern outen und nicht nur immer die negativen Erlebnisse teilen?

Lieber Gruss
Susanne

 

Hallo Susanne
Es ist menschlich, eher auf den Defiziten herum zu hacken. Wenn Du in den "Händler-Diskussionen" liest, geht es auch anders. Da steht viel Positives. Das ist gut so. Ein Korrektiv ist ja immer die persönliche Erfahrung. Nur muss man die auch ein bischen relativieren können, vor allen, wenn sie schlecht ist. Auch das wurde hier schon ausgiebig diskutiert. "Perlen" lassen sich da sicher finden. Die sollte man allerdings auch unterstützen und nicht jedes Mal auf den Preis schielen. Das würde schon helfen. Und manchmal die Schliessung eines Ladens vielleicht verhindern.
Ich habe das mal in einem Text für eine Rubrik thematisiert (inkl. einem Laden, den es bereits nicht mehr gibt). Der wurde aber von einer Redaktion als zu "turbulent" abgelehnt. Kann den aber bei Interesse reinstellen.
Bei meinen ausgiebigen Besuche erlebe ich - fast - alles, was denkbar ist. Und manchmal auch mehr. Ein bestimmtes Geschäft möchte ich deshalb nicht gleich öffentlich loben oder anprangern. Es geht ja auch mehr um den Gesamtzusammenhang. Aquaristik findet ja nicht auf einer einsamen Insel statt. Allenfalls gelegentlich in Wohnzimmer, zur Erholung.
Gruss Charles