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Ueberfischung der Meere

Dieses Thema im Forum "Tiefgründiges" wurde erstellt von Heinz Pfiffner, 6. August 2008.

  1. Heinz Pfiffner

    Heinz Pfiffner

    Registriert seit:
    5. Mai 2008
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    819
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    Hallo liebe Aquarianer

    ich hab da einen lesenswerten Beitrag zum Thema Ueberfischung der Meere gefunden.

    LG und für alle einen Denkanstoss
    Heinz
    _______________________________________________________________
    Matthew Rees
    Journalist



    Überfischung der Meere




    04.08.2008 Schon in den Achzigerjahren war die Überfischung der Meere ein viel diskutiertes Thema. Zwanzig Jahre später erweisen sich viele Massnahmen als kontraproduktiv. In seiner Kolumne beleuchtet Matthew Rees die Schwachstellen in den Fischerei-Bestimmungen vieler Küstenstaaten und zeigt mögliche Lösungen auf.




    Unter all den Sprichwörtern mit vermeintlichem Tiefgang ist eines immer besonders beliebt gewesen: "Gib einem Menschen einen Fisch, und du ernährst ihn einen Tag, lehre ihn das Fischen, und du ernährst ihn ein Leben lang." Doch angesichts schwindender Fischbestände müsste das einst bedeutungsvolle Sprichwort heute neu formuliert werden: "Gib einem Menschen einen Fisch, und du ernährst ihn, lehre ihn das Fischen, und du treibst ihn in den Hungertod." Jahrhunderte lang nahm der Fischer eine besonderen Platz in der Welt ein. Sein Beruf fand auch seinen Niederschlag in der Literatur, man denke nur an das berühmte Buch von Ernest Hemingway "Der alte Mann und das Meer". Den gleichen heroischen und einsamen Kampf gibt es auch in einer moderneren Version. Diese trug den Titel "Der Sturm". Es handelt sich um die Geschichte von sechs Berufsfischern, die 700 Seemeilen vor der Küste des amerikanischen Bundesstaates Massachusetts bei ihrer Suche nach Schwertfischschwärmen in einen gigantischen Sturm geraten und mit ihrem Kutter untergehen.

    Düstere Zukunft für die Fischerei

    Die Fischerei befindet sich in einer besorgniserregenden Situation. Dies geht aus einer Untersuchung der Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) hervor. Diese etwas verschlafene Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Rom schrieb 2005: "Die Befischung der Weltmeere hat das ökologisch verträglich Limit erreicht." In der Tat sind weltweit 76 Prozent der gefangenen Arten entweder überfischt, bestandsgefährdet oder sogar schon völlig abgefischt. Weltweit wurden 1950 19,3 Millionen Tonnen Fisch aus dem Meer geholt, 2002 waren es bereits 134 Millionen Tonnen. In diesem Zeitraum ist die Zahl der Raubfische wie Haie, Thunfische und Schwertfische um 90 Prozent zurückgegangen. Nach Einschätzung des World Wildlife Fund drohen zahlreiche Fischarten wie etwa der Kabeljau "aus den Auslagen der Fischgeschäfte zu verschwinden". Steve Palumbi, ein Forscher an der Stanford University, hat es sogar noch pointierter formuliert: "Wenn wir die Bewirtschaftung der Lebewesen im Meer nicht grundlegend ändern, ...ist dies das letzte Jahrhundert, in dem wir frei lebende Fische auf unseren Tellern haben." Wie konnte es geschehen, dass Tierarten, die bereits seit mehreren hundert Millionen Jahren existieren, in nur einigen Jahrzehnten vom Aussterben bedroht sind? Schuld daran sind eine ganz Reihe von miteinander verwobenen Faktoren.

    Wieso sind Fische vom Aussterben bedroht?

    Eine erste Ursache ist der technische Fortschritt. Satellitennavigationssysteme, effizientere Netze oder stärkere Dieselmotoren der Fischkutter haben es leichter gemacht, Fische aufzuspüren und zu fangen. Die Folge ist, dass "Fische heute keine Chance mehr haben", wie es ein Fischer in "The Last Fish Tale" formuliert. In diesem spannenden Buch beschreibt Mark Kurlansky den Niedergang der Fischerei. Zweitens unterstützen die einzelnen Staaten den Fischereibereich mit verschiedenen Subventionen und verhindern so, dass Fischer in andere Berufe wechseln. Die Fördermittel, deren Volumen auf etwa 30 Milliarden Dollar geschätzt wird, führen letzten Endes dazu, dass zu viele Fischer hinter zu wenigen Fischen her sind. Drittens sind die staatlichen Regelungen für den Fischfang kurzsichtig und voller Schlupflöcher, die so gross sind, dass sogar Wale durchschwimmen könnten. Sehen Sie sich nur einmal die gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union an. Es handelt sich dabei um ein völlig unübersichtliches Regelwerk, das unterschiedliche Fangquoten für die einzelnen Fischarten in Abhängigkeit der Jahreszeit und der Fanggebiete festlegt. Dabei werden die Fangquoten für die einzelnen Arten oft weniger von der Sorge um den Artenschutz bestimmt, sondern mehr auf Grund politischer Überlegungen. Die Folge ist, dass die Quoten in vielen Ländern wesentlich höher sind, als für die Fischbestände gut ist. So hat der Europäische Rechnungshof in seinem letztjährigen Bericht festgestellt, dass die Fischereipolitik der EU nicht nachvollziehbar sei, da die tatsächlichen Fangmengen "unbekannt" seien. So sind etwa die festgelegten Quoten in der Praxis nicht durchsetzbar. Wie soll zum Beispiel verhindert werden, dass Wels anstelle von Kabeljau in den Netzen landet? Daher sind beabsichtigte oder unbeabsichtigte Verstösse vorprogrammiert. Viertens sind Fischer, die sich an die Quoten halten, dazu gezwungen, Fische, die sie zwar gefangen haben, aufgrund des Quotensystems aber gar nicht fangen dürften, in grossen Mengen wieder über Bord werfen. In dem Buch "The Last Fish Tale" liest sich dies dann folgendermassen: Fangquoten führen zu Tausenden von Tonnen toter Fische, die jedes Jahr wieder ins Meer geworfen werden. Die Fischer holen das Netz ein. Dann rufen sie über ihr Mobiltelefon ihren Fischmakler an. Ist der Preis für Kabeljau an diesem Tag niedrig, der für Schellfisch aber hoch, dann behalten sie den Schellfisch und werfen den Kabeljau wieder über Bord. Warum sollten sie ihre Fangquote für eine Fischart aufbrauchen, wenn der Preis nicht stimmt? Untersuchungen des International Council for the Exploration of the Seas zeigen, dass der Kabeljau, der so wieder über Bord geworfen wird, 97 Prozent der gefangenen Menge ausmacht und die für Schellfisch 99 Prozent. Das fünfte und grösste Problem jedoch wurde von Jacques Diouf angesprochen, kurz nachdem er 1994 Generaldirektor der FAO geworden war. Es besteht ein "grundsätzlicher Gegensatz zwischen der Tatsache, dass die Meeresressourcen endlich sind, und den heutigen Regeln, die denjenigen belohnen, der sie in kürzester Zeit so stark wie nur irgend möglich ausbeutet."

    Die Freiheit der Meere: eine Tragödie

    Da die meisten Länder Fisch und Fischgebiete als eine freie Ressource betrachten, ist der Zahl der Fischer keine Obergrenze gesetzt. Für diese gibt es auch keinen zwingenden Grund, Massnahmen zu befolgen, die ihre Fangmengen begrenzen würden. Alle die nach einer stärkeren Regulierung rufen, bezeichnen "die Freiheit der Meere als eine Tragödie". So ist heute das Einzige, was in der Fischereibranche noch wächst, die Zahl der Vorschläge, wie die Nachhaltigkeit der Branche zu sichern sei. Angesichts der Bedeutung des Problems ist es aber bedauerlich, dass so viele dieser Vorschläge am Problem vorbeigehen, etwa der Vorschlag, eine Weltfischereibehörde, eine Art Interpol der Meere, ins Leben zu rufen. Doch dies ist völlig unrealistisch. Denn einmal werden die Fischer immer Mittel und Wege finden, die Regelungen zu umgehen, und zum anderen ändert dies nichts an den Ursachen: Da Fisch als eine kostenlose freie Ressource betrachtet wird, versucht jeder, immer so viel wie möglich zu fangen. Ein bekannter Fischereispezialist, Michael Graham, stellte bereits 1943 fest, dass "Fischgebiete ohne Mengenbeschränkungen unrentabel werden". Wer dem Überfischen ein Ende setzen will, muss die Anreize verändern. Die den gegenwärtigen Fangregeln zugrundeliegende Philosophie muss hinterfragt werden. Den Marktmechanismen muss eine grössere Rolle eingeräumt werden, und der Einfluss der Staaten muss verringert werden. 1986 hat Neuseeland ein System eingeführt, das es Fischern erlaubt, ihre Fangquoten untereinander zu handeln. Dadurch können Fischer einen Fang, den sie nicht wollen, weil sie zum Beispiel ihre Fangquote für diese Art bereits ausgeschöpft haben, einem Kollegen anbieten. Das führt dazu, dass weniger Fische über Bord geworfen werden. 80 Prozent der von Neuseeland kontrollierten Fischbestände haben so die Zielmengen für eine nachhaltige Fischerei bereits oder beinahe wieder erreicht. Die Fangquoten für einige Arten konnten sogar erneut angehoben werden.

    Meere zu verkaufen?

    Ein noch kühnerer Vorschlag ist, Meeresgebiete zu versteigern, mit anderen Worten sie zu privatisieren. Den Staaten käme dies gelegen, denn es bedeutete eine zusätzliche Einkommensquelle und würde die Verantwortung bei Fischereistreitigkeiten auf den privaten Sektor verlagern. Wenn Fischereirechte in Privatbesitz wären, würde dies die falschen heutigen Anreize wenn nicht abschaffen, so doch verringern. "Wenn küstennahe Fischgebiete in Privatbesitz wären, müsste der Fischfang nicht mehr reguliert werden", glaubt Birgir Runolfsson, ein Wirtschaftswissenschaftler und Fischereiexperte von der Universität Island. "Die Eigentümer der Fanggebiete hätten ein ureigenes Interesse daran, die küstennahen Fischbestände zu schonen. Sie hätten das Recht, ein Überfischen in ihrem Gebiet zu verhindern." Auch würden Fischer, die ihre Fanggebiete frei von Umweltverschmutzung halten wollen, sich zu überzeugten Umweltschutzlobbyisten mausern. Die Besitzer der Fangrechte würden ihre Gebiete überwachen und fremde Fischer ausmachen, die an ihren Fangplätzen wildern. Gegen diese könnten sie dann rechtlich vorgehen. Ob die Regierungen den Mut aufbringen werden, die dazu notwendigen Massnahmen zu ergreifen, ist jedoch fraglich, da dies zunächst einmal zu geringeren Fangmengen führen würde. Daher wäre der Widerstand von Fischern und den Millionen Beschäftigten in der Fischindustrie sicher. Allerdings sollten Regierungen und Fischer sich darüber klar sein, dass es auf Dauer nicht so weitergehen kann wie bisher. Solange Ressourcen als Allgemeingut betrachtet werden, wird damit Missbrauch getrieben. Für den Fisch bedeutet dies, dass er solange eine gefährdete Art bleiben wird, wie die Anreizsysteme den Artenerhalt bestrafen und die Ausbeutung belohnen.

    Über Matthew Rees:


    Matthew Rees schreibt regelmässig für das Bulletin. Früher verfasste er Reden für den amerikanischen Präsident. Heute arbeitet er als freier Journalist für einige der renommiertesten amerikanischen Printmedien.

    Sugus: Quellenangabe hinzugefügt
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 6. August 2008

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